Biographisches II

- die innere Reise

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Fliege, Körperchen
- Lande
Atme, Körperchen

- Fliege!

Mein persönlicher Weg der Heilung - innere Erfahrungen

Meine persönlich Geschichte wurde geprägt von einer frühen, pränatalen Verlusterfahrungen - dem Verlust meines ungeborenen Zwillings. Schon im Mutterbauch erlebte ich also tiefen Trennungsschmerz mit Zuständen der Ohnmacht, Wut, Verzweiflung, des Festhaltens, der Resignation und Einsamkeit durch das Miterleben des Sterbens meines Zwillingsbruders. Diese, für mich so grundlegende - die längste Zeit meines Lebens unterbewusst stark wirkende - Erfahrung formte in Folge mein Geboren werden in die Welt, meinen Lebens- und Überlebenswille, meine Entwicklung und natürlich auch meine Selbst- Fremd- und Weltwahrnehmungen.

das Sprechen lernte, war ein Teil in mir bereits verstummt, resigniert und wollte den Worten der Welt kein Vertrauen mehr schenken. Durch diese innere Isolation, durch mein mich-nicht-Zeigen-und-wirklich-Mitteilen-Können, mein Seelisches nicht ganz da-Sein, konnte mich aber auch die für die Entwicklung so wichtige Außenwelt nicht richtig wahrnehmen oder spiegeln. Der tiefe, frühe Verlustschmerz über den ersten Bindungspartner, blieb unbewusst und ich als kleiner Junge damit alleine. Da ich meinen eigenen Platz im Gefüge nicht zu ergreifen wusste und in meinem Seelengefüge viele "offene Stellen" waren, lernte ich, durch die Übernahme von Fremden (Gefühlen, Themen, Identifikationen) Nähe zu meinen Bezugspersonen zu finden und mich so auf der Erde zu "verankern". Meine eigenen Bedürfnisse, meine Präsenz und meine Wahrheit stellte ich oft hinten an und wurde ein wunderbarer Bedürfnisserfüller, spürte das Gegenüber weit deutlicher als mich selbst und schämte mich dafür, so zu sein, wie ich war. Zusammengenommen also erschwerte Bedingungen für das Entwickeln von gesunden Bindungsmustern, kindlicher Leichtigkeit oder das freie Entfalten des eigenen Potenzials. Unbeschwerte Kindheit geht natürlich anders!

Als ich schließlich

Für Familie und Umwelt

wirkte ich schon seit Geburt an tief verletzt. Im ohnehin oftmals sehr angespannten Familiengefüge ergriff mir im sozialen Familiengefüge die Rolle des "Sorgenkindes" und "Sensibelchens", später die des erfolglosen Retters und Unterstützers. Egal, was ich im Außen an Gutem widerfuhr und mir entgegengebracht wurde, ich blieb doch ein ewig Suchender, fühlte mich meist nicht verstanden, fehlerhaft und unverbunden. Dann wieder voller Wut, dahinter viel unverarbeitete und verlorene Trauer. In der Schulzeit entlud sich der innere Druck immer wieder im Außen, richtete sich versteckt oder offen gegen angreifbare Autoritätspersonen oder schwächere Mitschüler. Zudem wollte sich mein kindliches Ich, in seiner originären Linkshändigkeit den andauernden und dogmatischen Bestrebungen meiner Klassenlehrerin (und den dafür ebenfalls blinden Eltern) nicht fügen. So wurde immer wieder versucht mich zur Rechtshändigkeit zu Zwingen. Das Lernen wurde schwer, das Vertrauen in die möglichen Bindungsressourcen schwand und außer Wut und Ohnmacht wuchs in mir der Selbsthass.

der Eltern - kurz vor Beginn meiner Pubertät - und dem ersten, sehr tief empfundenen Liebeskummer, richtete sich meine Aggression zuerst gegen Gegenstände im öffentlichen Raum, später - heimlich und spätnachts mit Sprühdosen und saftigen Markern bewaffnet - gegen fahrendes Metall oder still ruhendes Gemäuer. Als diese adrenalingeschwängerten Aktivitäten irgendwann aufflogen, lernte ich mich "besser" zu kontrollieren, die Energie und das Chaos in mir zu unterdrücken. Mit 13 Jahren verschärften sich meine seit Kindheitstagen immer wieder quälenden Einschlafstörungen und ich fiel in schwere, lähmende Depressionen, gefolgt von Phasen des Feuers, der Aktivität und Reizüberflutung.

Nach Trennung

Aufgestaute (Über)Lebensenergie

in einem vor Angst zusammengezogenen Körper, dessen Nervenystem durch chronische Überforderung nicht mehr weiß, wohin damit. Ein empfindliches Nervensystem, das die frühen Verlust - und Bindungstrauma noch nicht integrieren konnte und nicht über die Kapazität verfügte, solche Erfahrungen zu halten. Es folgt ein traumatisch bedingtes Hin- und Hergeworfen - Werden zwischen extremen Phasen der Aktivität und Passivität. Die beiden biologisch sinnvollen Verteidigungsreaktionen Kampf oder Flucht und Erstarrung drehen sich um sich selbst, die Fähigkeit des Organismus zur Selbstregulation ist empfindlich gestört. Der Weg zu Sicherheit, Loslassen und Entspannung nicht bekannt, der Körper greift bei zunehmenden Stress immer wieder auf die gleichen Muster zurück, das soziale Selbst gerät dadurch zusätzlich in Not, versucht zu regulieren, aber erschöpft sich im Kampf mit den gewaltigen Energien die im Körper keinen Ausweg finden.

Das Suchen begann

und führte mich über verschiedenste spirituelle Bücher, Traditionen und Perspektiven, bis heute immer tiefer zum eigenen Erkennen, Erinnern und Erleben der materiell, physisch, seelisch - geistigen Welten, Zusammenhänge und Erfahrungsräume. Gleichzeitg waren mir jene Lehren oft ein Leuchtturm in größter Not, spendeten mir Hoffnung, Orientierung, erneuten Lebensmut und Trost. Wie froh bin ich heute, dass ich mit diesem stetig wachsenden Verständnis über die komplexen, noch weit, weit größeren Zusammenhänge des unerschöpflichen Weltenwunders immer mehr Erfahrungen des Getragenseins, der Verbundenheit mit dem Licht, von Seele und Geist und Leichtigkeit erleben darf.

Cannabis & Alkohol

Der frühe, missbräuchliche Konsum von erst Cannabis , ein Jahr später auch Alkohol war zum Einen ein befreiendes, von mir dankbar angenommenes Ventil für meine körperlich, seelischen Anspannungen, Leiden und Ängste. Der Rausch brachte Leichtigkeit, Ekstase, Geselligkeit, das Gefühl der Verbundenheit und Entspannung. Endlich mal die Möglichkeit einer anderen Selbstwahrnehmung und für neue Erfahrungen! Andererseits verlor ich mich im Sturm des Traumaerlebens freilich noch mehr, schädigte Körper, Seele, Geist, wurde "dicht" und verlor meine Sensitivität. So vermied ich wirkliche Konfrontation und Kontakt und hatte ein "wunderbares" Mittel der Vernebelung und Betäubung. So stand ich über Jahre im ständigen, inneren und äußeren Konflikt zwischen

  • der in mir tobenden, unerlösten Traumaenergie, dem stark überlasteten Familiensystem,
    Beziehungswunsch und Liebeskummer, Überforderung und Druck in der Schule und im Lernen,
    Angst davor wieder keinen Schlaf finden zu können und schließlich wieder in eine Depression zu fallen;
    dem Aufaddieren von wiederkehrenden, mich überwältigenden Lebensphasen.

  • dem Rausch, der Ekstase und Betäubung an den Wochenenden, dem ja doch so notwendigen
    Ausagieren der Energien, dem Wunsch mich davon zu befreien, dem Wunsch nach Freiheit,
    Selbstsicherheit und Vertrauen; das nicht zu Wissen wie.

Kurz

ich erlebte Trauma an Haut und Haar in vielen seiner Facetten und machte mir entsprechend schon früh Gedanken um existenzielle Fragen des Lebens, der Gesundheit, die Familie und versuchte krampfhaft zu verstehen, was da passierte. Mein Leben wurde also immer wieder von tiefen Krisen und existenziellen Ängsten geplagt. Sowohl meine Persönlichkeit als auch mein Selbstbild und das Bild das Nahestehende von mir hatten, wurden in Bezug dazu geprägt und u.a. durch unbewusstes Festhalten, Identifikation, Ängste und Zuschreibungen aufrechterhalten. Gleichzeit half mir das psychologische Verständnis, das darüber Reden, das Intellektualisieren nicht wirklich dabei, die grundlegenden Prozesse und Muster in meinem Körper, Fühlen und Leben zu verändern.

Belastungen

in der Familie und weitere, kaum auszuhaltende Verluste von mir sehr nahestehenden Menschen (erst die Schwester, fünf Jahre später die Freundin) folgten, doch ich schaffte es dennoch immer wieder weiter am Leben festzuhalten.

Obwohl ich das Wort nicht so sehr mag, könnte ich mich heute mit Fug und Recht als Trauma-Überlebender bezeichnen. Und irgendwie war ja all das meine gewohnte Normalität in die ich Stück für Stück reingewachsen bin - auch wenn ich für mein Leid schon seit Kindheitstagen mühsam nach der richtigen Sprache und stimmigen Erklärungen rang - war ich stets auch auf der Suche nach einem Ausweg aus diesem Leid, nach Hilfe und Tätigkeiten, die diesen gewaltigen Stress verringern könnten. Ein Großteil der Regulation passierte freilich auch nebenher im Leben durch Spiel, Hobbys, sinnvollen Aufgaben, Sport und positive Erfahrungen mit anderen Menschen.

Mit 26 Jahren

- in der tiefen Verzweiflung einer weiteren schweren Depression (und davon erlebte ich wirklich Viele) - fiel mir schließlich das Buch von David Berceli (Körperübungen für die Traumaheilung) in die Hände. Dieses brachte eine der größten Erleichterungen meines Lebens mit sich! Erstmals erfuhr ich mich durch einen Experten für Körper und Seele ganzheitlich gesehen, gewertschätzt und wirklich verstanden. Ich las in einfachen und trotzdem wissenschaftlich fundierten Worten, wie sich Traumata auf den Gesamtorganismus (und eben nicht nur die Psyche) auswirken. Mir wurde eine Sprache geschenkt, die ich seit Lebensbeginn in meinem Körper und Leben spürte, aber bislang nicht richtig verstehen konnte. Ich bekam wieder Hoffnung, Lebensmut und Perspektive und noch dazu eine sehr konkrete, sofort zugängliche Methode an die Hand, die ich kostenfrei und jederzeit für mich praktizieren konnte. Hach, das war ein tolle Nacht, als ich dann nach durchlesener Nacht morgens um vier Uhr erstmalig die Übungen machte und mein körpereigenes Zittern direkt erfahren konnte!! Mein Körper bekam endlich die Möglichkeit seinen ureigenen Weg der organismischen Selbstregulation zu nutzen und führte mich so schnell, aus dem akuten Zustand der Erstarrung und Depression.

nach vielen ganzheitlichen und befreienden Erfahrungen, vielen therapeutischen Begegnungen und unzähligen heilsamen Prozessen, inneren, wie äußeren Reisen, Familienaufstellungen, geistigen Heilsessions, Aufarbeitung der Verlust-Themen usw. finde ich in mir immer mehr Annahme, Vergebung, Frieden und Leichtigkeit für meinem, so schmerzhaft gestalteten Lebensweg. Das neurogene Zittern half mir auf dieser Reise immer wieder aus der Erstarrung, machte mir mein Körper zum Freund und schenkte mir zahllose Erfahrungen, die mich immer wieder auf's Neue mit diesem wunderschönen (und leider oft auch schmerzhaften) Leben versöhnen.

Heute

Rückblickend

erkenne ich, wie sich wohl alle meiner späteren Schmerzerfahrungen (Schlaflosigkeit, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit, ungelebte Trauer, Depressionen, hypomane Zustände, Wut, Süchte, Verluste, Bindungstrauma, Projektionen, Weltrettungsphantasien und dergleichen mehr) auf diesen so früh angelegten, zutiefst prägenden Zwillingsverlust zurückführen lassen, bzw. die sich dort entwickelten Muster im späteren Leben auf die vielfältigste Weise wiederholten. Was für ein Segen, dass ich mich, auf meiner nun seit über 20 Jahre andauernden Heilungsreise, Stück für Stück - freilich mit vielen, vielen Schleifen, Rückschlägen und Ehrenrunden - aus diesem, meinen, ureigenen Schlammassel erheben und schon ein großes Stück befreien konnte.

Welch ein Segen, dass ich all das überlebt habe.

Ein zerreißender, innerer Spagat, begleitet von Abspaltung, Verdrängung
bei trotzdem schlechtem Gewissen, Sorgen und diffusen Ängsten.
Schuldgefühle und Scham - wie ich später lernen sollte, die Schwestern von Trauma - und weitere Quälgeister waren ständige Begleiter meiner ständigen Versuche die wiederkehrenden Depressionen, Schlafstörungen, mein wechselhaftes Selbst- und Welterleben irgendwie in den Griff zu bekommen.

Mehr und mehr ernte ich - so scheint mir - die Früchte meiner intensiven Arbeit und Heilungsreise und erlebe, wie einst abgespaltene Seelenanteile auf wundersam, berührend, bekräftigende Weise wieder ihren Weg zu mir finden. Wie ich mich wieder mehr und mehr an meine Ganzheit anbinde. Nachdem ich die erste Hälfte meines Lebens viel mit dem Überleben zu kämpfen hatte, freue ich mich nun auf das Leben als solches. Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich meine Traumageschichte weiter kompostieren kann und lerne werde, all den noch vorhandenen Stress in Lebensfreude umzuwandeln! Wie schön, wird das Leben sein, wenn all dies transformiert ist und die ureigene Essenz meiner Seele in mir und in der Welt immer mehr Raum einnehmen wird :)

Der Arbeit Lohn

für all die vielen, tollen Menschen, Helferwesen und Lehrer (die Guten, wie die vermeintlich Schlechten) denen ich begegnet bin und welche mich ein Stück durchs Leben begleitet haben. Ich bin dankbar für all die großen und kleinen Stolpersteine, die vielen schönen Blumen, die heilsamen Naturerfahrungen und unzähligen Regenbögen und Konfettiregen. Dankbar für die vier Elemente unserer Erde und das große Mysterium, welches alles Stoffliche mit Geist beseelt.

Ich bin voller Dank

Ich staune immer wieder, was für ein großes, buntes, vielschichtige Mosaik und Wunder doch hinter all
diesem steht!

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