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Wie TRE Geflüchteten helfen kann, traumatische Belastungen zu lösen

TREARTIKELFACHARTIKEL

Tobias Friedwart Emmert

11/9/20256 min lesen

a woman with a scarf around her head
a woman with a scarf around her head

"The Effect of Tension and Trauma Releasing Exercises (TRE) on Trauma Symptoms in East African Refugees" - Studienvorstellung

Viele Geflüchtete haben in ihren Herkunftsländern oder auf der Flucht schwere Erfahrungen gemacht – Krieg, Gewalt, Verlust, Unsicherheit. Das wirkt lange nach. Oft ist der Körper dabei genauso betroffen wie die Psyche: Schlafstörungen, innere Unruhe, Anspannung, körperliche Schmerzen, ein Gefühl von Taubheit oder Abgeschnittensein.

Viele Geflüchtete haben in ihren Herkunftsländern oder auf der Flucht schwere traumatisierende Erfahrungen gemacht – Krieg, Gewalt, Verlust, Unsicherheit. Das wirkt oft lange nach. In der Regel ist der Körper dabei genauso betroffen wie die Psyche: Schlafstörungen, innere Unruhe, Anspannung, körperliche Schmerzen, ein Gefühl von Taubheit oder Abgeschnittensein.

Insbesondere die Erkenntnisse aus der Stress- und Traumaforschung zeigen uns, dass Traumafolgestörungen mit einer starken Dysbalance im autonomen Nervensystems einhergehen - jenem Teil unseres Körpers, der grundlegende Prozesse wie Herzschlag, Atmung, Verdauung und die Reaktionsbereitschaft auf Bedrohungen steuert. Bei Traumafolgestörungen gerät dieses System aus dem Gleichgewicht: Manche Menschen sind dauerhaft in Alarmbereitschaft, spüren innere Anspannung und Übererregung, andere blockieren und ziehen sich in körperliche oder emotionale Erstarrung zurück. Beides beeinträchtigt Wohlbefinden, Gesundheit und die Fähigkeit, Alltag und Beziehungen sicher zu gestalten.

TRE („Tension & Trauma Releasing Exercises“) ist eine einfache körperbasierte Methode, die genau dort ansetzt: über gezielte Übungen, die den Körper zittern lassen, können Spannungen abgebaut werden. Das neurogene Zittern - so Dr. David Berceli, der Entwickler dieser Methode - ist der natürliche Weg des Organismus, um nach belastenden Erfahrungen wieder in's Gleichgewicht zu kommen.

Kann TRE Geflüchteten helfen, ihre Traumabelastung zu reduzieren?

Die Antwort fällt deutlich positiv aus.

Wie die Studie durchgeführt wurde

33 ostafrikanische Geflüchtete in den USA nahmen teil. Sie wurden zufällig auf eine TRE-Gruppe und eine Wartelisten-Gruppe verteilt. Die TRE-Gruppe machte acht Wochen lang jede Woche eine Sitzung und durfte zusätzlich zu Hause üben.

Vor und nach diesem Zeitraum füllten alle den HTQ aus.

Der Harvard Trauma Questionnaire (HTQ) – was wird da überhaupt gemessen?

Um die Veränderungen festzuhalten, verwendete das Forschungsteam den Harvard Trauma Questionnaire, ein weltweit genutztes Testinstrument, wenn traumatische Erfahrungen und PTBS-Symptome erfassen werden möchten. Im Teil IV des HTQ werden 40 typische Trauma-Symptome abgefragt, darunter beispielsweise:

Gedanken & Erinnerungen

  • aufdringliche, wiederkehrende Erinnerungen

  • plötzliches Gefühl, das Ereignis passiere erneut

  • starke emotionale Reaktionen auf Auslöser

Schlaf & Belastung

  • Einschlafprobleme

  • Durchschlafprobleme

  • Albträume

  • allgemeine körperliche Überlastung und Schmerzen

Gefühle & Selbstwahrnehmung

  • Gefühl der inneren Taubheit

  • Schwierigkeiten, Gefühle zu spüren

  • Scham, Schuld, Hoffnungslosigkeit

  • Gefühl, keine Zukunft zu haben

Soziale Themen

  • Rückzug

  • Misstrauen

  • Gefühl, nicht verstanden zu werden

  • Schwierigkeiten, Beziehungen einzugehen


Konzentration & Alltag

  • Reizbarkeit

  • Konzentrationsschwierigkeiten

  • Anspannung und Schreckhaftigkeit


Diese große Bandbreite zeigt: Der HTQ erfasst nicht nur „klassische“ PTSD-Symptome, sondern auch viele körperliche und soziale Folgen von Trauma, die im Alltag extrem belastend sein können.

Wie die Studie durchgeführt wurde

33 ostafrikanische, weibliche Geflüchtete in den USA nahmen teil. Sie wurden zufällig auf eine TRE-Gruppe und eine Wartelisten-Gruppe verteilt. Die TRE-Gruppe machte acht Wochen lang jede Woche eine Sitzung mit einem zertifizierten TRE-Provider. Die Teilnehmerinnen wurden dazu eingeladen zusätzlich zu Hause üben. Es gab zusätzliche Unterstützung durch Übersetzer und telefonische Erinnerungen an die Übungsprxis und die nächste Gruppensitzung. Neben eines Übung-Handbuchs gab es beim ersten Treffen eine einführende Orientierung in die Methode. Ab dem zweiten Treffen war die Struktur wie folgt:

1. Rückblick auf die Woche - "Wie war deine Woche?"
2. Durchführung der TRE-Übungsserie
3. Processing - Reflexion über das, was körperlich oder emotional auftauchte.

Kontrolle / Vergleichsgruppe:

Die Kontrollgruppe traf sich ebenfalls wöchentlich, aber die Treffen waren nicht moderiert mit TRE, sondern eher Gesprächsrunden ohne gezielte Intervention.

Vor und nach diesem Zeitraum füllten alle den HTQ aus.

Die wichtigsten Ergebnisse

1. Die Beschwerden vieler Menschen gingen deutlich zurück

Die Mehrheit der abgefragten Symptome (36 von 40!) wurde nach den acht Wochen spürbar schwächer. Besonders betroffen waren:

  • Schlafprobleme

  • intrusive Erinnerungen (Gedanken, Bilder, innere Filme)

  • innere Taubheit und Emotionen schwer fühlen können

  • Misstrauen und soziale Überforderung

  • körperliche Schmerzen

  • Konzentrationsprobleme

  • Gefühl der Zukunftslosigkeit

Das zeigt: TRE wirkte nicht nur auf ein einziges Symptomfeld, sondern auf das ganze Gefüge traumabedingter Belastungen.

2. Viele Symptome verschwanden bei einigen komplett

Für einige war nach den 8 Wochen ein großer Teil der Beschwerden sogar ganz verschwunden. Ein besonders bemerkenswertes Ergebnis!

Unter diesen „verschwundenen Symptomen“ waren unter anderem:

  • Schlafschwierigkeiten

  • emotionale Taubheit

  • Misstrauen gegenüber anderen

  • Zukunftslosigkeit

  • Konzentrationsschwierigkeiten

  • das Gefühl, nicht verstanden oder nicht verbunden zu sein

Das ist ein starkes Signal – gerade weil diese Symptome den Alltag vieler Geflüchteter maßgeblich bestimmen.

3. Die Kontrollgruppe zeigte kaum Veränderung

Die Gruppe ohne TRE blieb weitgehend stabil in ihren Beschwerden. Das spricht dafür, dass die positiven Effekte nicht einfach „Zufall“ oder „Zeitverlauf“ waren.

Was bedeuten diese Ergebnisse?

Die Studie zeigt drei gro0e Wirkfelder von TRE:

A) Körperliche Entlastung

Schlaf, muskuläre Spannung, körperlicher Stress und Schmerzen verbesserten sich häufig spürbar.

B) Emotionale Regulation & innere Verbindung

Viele Studienteilnehmende berichteten nach acht Wochen, wieder mehr Zugang zu ihren Gefühlen zu haben oder sich weniger von sich selbst abgeschnitten zu fühlen.

C) Soziale Öffnung und Vertrauen

Symptome wie Misstrauen, Rückzug oder das Gefühl, nicht verstanden zu werden, traten deutlich seltener auf. Diese Kombination ist in der Traumaarbeit besonders wertvoll, weil gerade Geflüchtete oft auf mehreren Ebenen gleichzeitig belastet sind.

Kritische Einordnung - was bedacht werden sollte

Die Ergebnisse sind zwar vielversprechend, aber noch keine endgültige Antwort.

Stärken

  • TRE ist leicht erlernbar und braucht keine umfangreiche Infrastruktur.

  • Die Veränderungen betreffen viele Lebensbereiche gleichzeitig.

  • Die Ergebnisse passen gut zu dem, was viele Praktizierende aus der Praxis berichten.

Schwächen

  • Die Gruppe war sehr klein – größere Studien wären enorm wichtig.

  • Die Messung erfolgte über Fragebögen, nicht über biologische oder objektive Daten.

  • Es ist unklar, wie dauerhaft die Effekte sind, weil das spätere Follow-up nicht ausgewertet werden konnte.

  • Die Studie vergleicht TRE nicht mit anderen aktiven Methoden wie Yoga, Atemarbeit oder Psychotherapie. Es kann also nichts darüber ausgesagt werden, wie TRE im Vergleich zu diesen Verfahren wirkt.

Schlussgedanke zur TRE-Studie

Trotz aller Einschränkungen zeigt diese Studie deutlich:


TRE kann traumatisierten Menschen spürbar helfen – körperlich, emotional und sozial.

Gerade für Menschen mit begrenztem Zugang zu psychotherapeutischer Unterstützung könnte TRE eine wertvolle, niedrigschwellige Ergänzung darstellen. Weitere Forschung wird klären, wie dauerhaft und wie breit diese Effekte wirken. Zugleich ist bemerkenswert, dass die Ergebnisse dieser Untersuchung weitgehend im Einklang stehen mit den unzähligen Erfahrungsberichten, die sich in der TRE-Community über fast drei Jahrzehnte hinweg gesammelt haben.

All das deutet darauf hin, dass TRE nicht nur ein interessantes Werkzeug ist, sondern ein Ansatz mit echtem Potenzial: eine Methode, die weltweit Menschen darin unterstützt, traumatische Symptome zu lindern, Wege der Heilung zu eröffnen und einen alltagstauglichen Umgang mit ihrem Erleben zu finden – eine Methode, die für viele schlicht funktioniert.

Parker, J. , Shook, B. , Washington, D. , English, B. and Tatum, C. (2024) The Effect of Tension and Trauma Releasing Exercises (TRE) on Trauma Symptoms in East African Refugees. Psychology, 15, 77-91. doi: 10.4236/psych.2024.1510

https://www.scirp.org/journal/paperinformation?paperid=130743

Dem Körper erlauben sich laufend selbst zu heilen.

Der körpereigene Ausweg aus der autonomen Stress-Reaktion.

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Webseite von TRE Deutschland
https://tre-deutschland.de

Webseite vom Norddeutschen Institut für bioenergetische Analyse
(TRE - Fortbildungen in Deutschland)

https://www.niba-ev.de

Webseite von der internationalen Dachorganisation Traumaprevention
https://www.treforall.com

Webseite von Dr. David Berceli
https://www.david-berceli.com

Weiterführende Links & Ressourcen

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